Bezahlen mit dem Smartphone: Werden unsere Geldbörsen bald überflüssig?
Düsseldorf – In manchen Ländern, wie den USA, hat sich das Bezahlen mit dem Smartphone bereits etabliert. In Deutschland dagegen steckt die mobile Zahlung noch in den Kinderschuhen. Dieter Sprott, Experte bei den ERGO Direkt Versicherungen, erläutert den aktuellen Stand und klärt über die Sicherheit von „Mobile Payment“ auf.
Für die Postbank-Studie „Der digitale Deutsche und das Geld“ wurden im vergangenen Jahr mehr als 6.000 Bundesbürger befragt, darunter 3.000 Vertreter digitalaffiner Zielgruppen. Der Untersuchung zufolge nutzen vor allem jüngere Deutsche mobile Bezahlmethoden. Die große Mehrheit der Deutschen lehnt Mobile Payment dagegen weiterhin ab. Stolze 94 Prozent der Befragten sind der Ansicht, das Bezahlen mit Smartphone & Co. sei mit Risiken verbunden.
Und etwa 40 Prozent bekennen, dass sie Mobile Payment aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht nutzen. „Die Akzeptanz des mobilen Bezahlens wird jedoch steigen“, ist sich Dieter Sprott, Experte bei den ERGO Direkt Versicherungen, sicher: „Schaut man sich beispielsweise in den öffentlichen Verkehrsmitteln um, so sind dort fast alle Leute mit ihren Smartphones beschäftigt. Aus meiner Sicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis der ständige Begleiter auch das Bezahlen übernimmt.“ Der Ergo Direkt Experte gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen, Hemmnisse und Chancen.
Fakt 1: Viele Anbieter
Versuche, dem mobilen Bezahlen hierzulande zum Durchbruch zu verhelfen, gab und gibt es einige: „Anbieter wie SQWallet, Paymey und zuletzt die Otto-Tochter Yapital haben sich bereits wieder aus dem Markt zurückgezogen, den wohl die großen Player wie Apple, Google, Paypal (eBay) oder Samsung unter sich aufteilen werden“, glaubt Dieter Sprott. Ähnliches prognostiziert PricewaterhouseCoopers (PwC) in seiner Studie „Mobile Payment in Deutschland 2020“: Von zeitweise etwa 80 Unternehmen mit Lösungen für Payment-Applikationen werde sich die Zahl der Anbieter im Jahr 2020 wohl auf drei bis fünf reduzieren. Die Kundenbasis für mobile Bezahlsysteme werde bis dahin aber ordentlich zulegen – von 176.000 im Jahr 2014 auf über 11 Millionen Endverbraucher.
Fakt 2: Unterschiedliche Technologien
Neben der geringen Zahl an Möglichkeiten, mit dem Smartphone zu bezahlen, verhinderten bislang auch die unterschiedlichen Technologien den Erfolg der mobilen Zahlungsmethode. Am weitesten verbreitet sind QR-Codes, Apps und NFC („Near Field Communication“, deutsch: Nahfeldkommunikation).
„Es fehlte bisher ein Übertragungsstandard. Doch inzwischen haben sich die führenden Smartphone-Hersteller wie Apple und Samsung zum NFC-Standard bekannt“, weiß Dieter Sprott. Dabei lassen sich per Nahfunk Zahlungsinformationen über kurze Distanzen von wenigen Zentimetern an ein Lesegerät übermitteln. Für die Datenübertragung hält der Nutzer sein mit einem NFC-Chip ausgerüstetes Smartphone einfach an den Bezahlterminal.
Dadurch aktiviert sich die entsprechende Zahlungsanwendung und das Konto beziehungsweise die Kreditkarte wird mit dem Betrag belastet. Anschließend erhält der User eine Kassenquittung. Die Bezahlvorgänge sind in der App des jeweiligen Anbieters gespeichert und dort jederzeit nachzulesen. Bei neueren Smartphones ist oft schon ein NFC-Chip integriert; ältere Modelle können User mit einem NFC-Sticker nachrüsten, den sie auf die Rückseite des Geräts kleben.
Fakt 3: Aufwendige Einrichtung
Mobilfunkanbieter wie die Deutsche Telekom, Vodafone, O2 und Base haben bereits ihre eigenen Lösungen (MyWallet, Vodafone Wallet, mpass und Base Wallet) realisiert, um ihren Kunden das Bezahlen mit dem Smartphone zu ermöglichen. Die Anwendungen werden auch schon von einigen Supermärkten, Kaufhäusern, Shops und Tankstellen akzeptiert. Bevor Smartphone-Nutzer die digitale Geldbörse (auch „Mobile Wallet“ genannt) einsetzen können, müssen sie sich aber meist erst eine App herunterladen, sich registrieren und ihre Kreditkarten- oder Kontodaten hinterlegen.
„Viele Verbraucher scheuen zunächst den Aufwand, schätzen aber hinterher den Komfort, quasi nur mit einer Handbewegung an der Kasse bezahlen zu können“, so Dieter Sprott. Während sie Beträge bis 25 Euro in der Regel ohne die Eingabe einer PIN begleichen können, fragt das System bei Zahlungen über 25 Euro eine PIN ab.
Fakt 4: In Zukunft zusätzliche Sicherheit
Auch die drei Marktführer Apple, Google und Samsung haben Mobile Wallet-Anwendungen entwickelt. Ihre Bezahldienste Apple Pay, Android Pay und Samsung Pay sind unter anderem in den USA, aber noch nicht in Deutschland verfügbar. „In Zukunft finden Smartphone-Besitzer die entsprechenden NFC-Chips und die dazugehörigen Anwendungen vorinstalliert, die Autorisierung erfolgt dann per Fingerabdruckscan“, erklärt Dieter Sprott.
Dies soll anwendungsfreundlicher sein und für zusätzliche Sicherheit sorgen. Dadurch, dass die NFC-Technologie nur auf eine geringe Entfernung funktioniert, besteht zwar bereits ein gewisses Maß an Sicherheit. Zumindest theoretisch ist aber trotzdem Datenklau möglich, da eine Verschlüsselung der Daten nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Fakt 5: Weitere Anreize
„Um die von den Anwendern gewünschte Sicherheit zu erreichen, müssen die Hersteller noch nachbessern und weitere moderne Sicherheitsmechanismen einbauen“, erklärt Dieter Sprott. „Zum Beispiel die Möglichkeit, nach dem Verlust des Handys die digitale Geldbörse per Fernzugriff zu löschen.“ Außerdem müssten Anbieter potenziellen Nutzern weitere Anreize geben, beispielsweise in Form von Preisvorteilen, damit diese sich regelmäßig für das digitale Bezahlen entscheiden.
Quelle: ots