Lübeck – Bleiben die Baufinanzierungskonditionen günstig? Steigen die Preise für Wohneigentum weiter? Kommt die Zinswende und wenn ja, welche Auswirkungen hat sie? Diese und weitere Fragen bewegen Ende 2017 Ökonomen, Politiker und Verbraucher gleichermaßen. Dr. Klein fasst zusammen, was wir im kommenden Jahr erwarten können.
Wie entwickelt sich die EZB-Politik im Jahr 2018?
Obwohl vor allem deutsche Ökonomen die Niedrigzinspolitik Mario Draghis zunehmend kritisch beäugen, spricht vieles dafür, dass auch 2018 keine abrupte Zinswende erfolgt. Immerhin: Bereits seit einigen Monaten deutet Draghi behutsam an, dass er mit der wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone weitestgehend zufrieden ist. Eine Reduzierung der Anleihekäufe Anfang 2018 ist daher wahrscheinlich.
Mit der Anhebung des Leitzinses dürfte die EZB hingegen noch länger warten. Denn: Eine Preisstabilität mit flächendeckender Kerninflation von zwei Prozent hat die Eurozone noch nicht erreicht. Eine niedrige Inflation scheint auf den ersten Blick zwar positiv, für die gesamte Wirtschaft ist sie jedoch brandgefährlich. Verharren die Preise auf niedrigem Niveau oder kommt es gar zu einer Deflation, verführt das Unternehmen und Verbraucher dazu, Anschaffungen und Investition aufzuschieben. Die Folge: Unternehmen machen weniger Umsatz, das Wirtschaftswachstum gerät ins Stocken und die Preise sinken weiter – der Beginn einer Abwärtsspirale.
In Deutschland pendelt die Kerninflation in diesem Jahr zwischen 1,12 und 1,97 Prozent. Betrachtet man den gesamten Euroraum, liegt sie 2017 erstmals wieder konstant über einem Prozent, nachdem sie sich von 2014 bis 2016 lange unter der Ein-Prozent-Marke bewegte. Bei der Ermittlung der Kerninflation werden bestimmte Güter wie Lebensmittel oder Energie ausgeschlossen, um eine Verfälschung der Inflationsrate durch kurzfristige und saisonale Schwankungen zu vermeiden. „Der langsame Anstieg der Kerninflation ist ein gutes Zeichen, aber die EZB ist bekannt für ihr behutsames Vorgehen“, erklärt Michael Neumann, Vorstand der Dr. Klein Privatkunden AG. „Mit einer Anhebung des Leitzinses rechne ich in der ersten Jahreshälfte 2018 trotz der positiven Entwicklung nicht.“
Was bedeutet das für Baufinanzierungen?
Seit mehr als zweieinhalb Jahren kauft die EZB in großem Stil Unternehmens- und Staatsanleihen, um die Kreditaufnahme in der Eurozone zu erleichtern und Investitionen anzuregen. Tritt die EZB nicht länger als Käuferin von Staatsanleihen auf, wäre der Markt zum ersten Mal seit Jahren wieder auf sich allein gestellt. Die wahrscheinliche Folge: Die derzeit künstlich hochgehaltenen Kurse der Staatsanleihen fallen und ihre Renditen steigen wieder.
Warum steigt eigentlich die Rendite bei fallenden Kursen? Der Zinssatz wird bei Staatsanleihen immer von einem festen Nennwert (Kurs von 100 %) berechnet – und das unabhängig davon, zu welchem Kurs ein Anleger die Staatsanleihe erwirbt. Kauft er sie zu einem niedrigen Kurs von zum Beispiel 95 %, zahlt er zwar weniger, erhält die Zinsen aber dennoch auf den festen Nennwert mit einem Kurs von 100 %. Die Rendite ist also höher. An den Renditen der Staatsanleihen orientieren sich auch die Konditionen der Pfandbriefe, mit denen Banken langfristige Darlehen wie Immobilienkredite refinanzieren. Steigen die Renditen der Staatsanleihen, können Emittenten, die sich mit Pfandbriefen refinanzieren, höhere Zinsen für sie verlangen. Diese Entwicklung hat einen direkten Einfluss auf die deutschen Baukreditnehmer. Denn: Die Kreditinstitute geben höhere Kosten durch steigende Pfandbriefzinsen in Form steigender Baufinanzierungszinsen an ihre Kunden weiter.
„Gerade aufgrund des schrittweisen und behutsamen Ausstieges der EZB aus den Anleihekäufen sind keine abrupten Zinssprünge zu erwarten. Entsprechend werden sich auch die Bauzinsen nur langsam nach oben bewegen. Die Konditionen bleiben 2018 günstig“, meint Michael Neumann. „Wer ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung erwerben möchte, sollte daher nach wie vor nichts übers Knie brechen und sich ausreichend Zeit bei der Entscheidung für die richtige Immobilie lassen.“
Steigerung, Stagnation oder Absturz – was machen die Immobilienpreise?
Der Dr. Klein Trendindikator Immobilienpreise zeigte im 2. Quartal 2017 enorme Preissteigerungen in den deutschen Metropolregionen: 20 Prozent in Frankfurt und München, 18 Prozent in Berlin und 17 Prozent in Düsseldorf sind nur einige Beispiele für die Teuerungsraten im Vergleich zum Vorjahresquartal. Auf der einen Seite spiegeln diese Preise die enorme Lücke zwischen Angebot und Bedarf an Wohnraum wider. Immerhin fehlen in Deutschland rund eine Million Wohneinheiten. Auf der anderen Seite wird die Preissteigerung durch die niedrigen Zinsen und den Mangel an attraktiven Geldanlagen angeheizt.
Angehende Eigenheimbesitzer können den langsamen Anstieg der Bauzinsen mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachten. Wenn die Baufinanzierungszinsen im Verlauf des kommenden Jahres langsam steigen, erhöhen sich daher zwar die Zinskosten für Darlehensnehmer, die Teuerungsrate der Immobilien könnte diese Entwicklung hingegen leicht abbremsen. Neue Rekorde der prozentualen Immobilienpreissteigerung sind 2018 also nicht mehr zu erwarten, ein Absturz der Preise allerdings auch nicht. „Die Steigerungsrate der Immobilienpreise hat ihren Scheitelpunkt erreicht“, so Neumann. „Die Teuerung wird sich im Jahr 2018 auf einem niedrigeren Niveau einpendeln.“
Quelle: Dr. Klein Privatkunden AG