Wer lange nach dem Eigenheim sucht und nach dutzenden Besichtigungen endlich fündig wird, ist oft erleichtert. Derzeit sind Immobilie rar und die Nachfrage groß – eine schnelle Entscheidung muss her. Doch gerade in dieser Situation ist es wichtig, das Objekt ganz sachlich zu prüfen: Ist der aufgerufene Preis überhaupt gerechtfertigt? Welche Faktoren Einfluss auf den Wert eines Hauses oder einer Wohnung haben, weiß Oliver Meister, Spezialist für Baufinanzierung in Buchholz.
Lage, Lage, Lage: unverrückbarer Wertfaktor
Es gibt verschiedene Faktoren, die sich auf den Wert eines Hauses oder einer Immobilie auswirken. Der wichtigste, wenn auch offensichtlichste, ist die Lage. „Wo sich eine Immobilie befindet – ob im Zentrum einer Stadt oder auf dem Land – ist nicht veränderbar“, sagt Oliver Meister, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Buchholz. Zudem ist die Lage einer der wertstabilsten Faktoren. Generell gilt: je städtischer, desto teurer. So kostete ein Eigenheim mit 150 qm Wohnfläche in Hamburg Ende 2017 im Mittel knapp 520.000 Euro, in eher ländlichen Regionen, wie im Flächenland Sachsen-Anhalt, zahlten Käufer für ein Haus gleicher Größe nur etwa 215.000 Euro (Quelle: Dr. Klein Trendindikator Immobilienpreise).
Alter vor Schönheit? Bestehende Immobilie vs. Neubau
Natürlich gibt es darüber hinaus weitere Parameter, die Einfluss auf den Wert einer Immobilie haben. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass ein freistehendes Einfamilienhaus wertvoller ist als ein Reihenhaus oder eine Eigentumswohnung in jeweils gleicher Lage. „Man muss immer die Immobilie als Ganzes betrachten“, weiß Oliver Meister. „Denn auch die Grundstücksgröße, Zimmeraufteilung, die Ausstattung, der Modernisierungsstand und nicht zuletzt die Energieeffizienz sind ausschlaggebend für die Bewertung.“
Ein Neubau, der gerade fertiggestellt wurde, hat einen höheren Wert als ein sanierungsbedürftiges, 40 Jahre altes Objekt. So weit, so klar. Aber worauf muss ich als Käufer konkret achten? „Zum Beispiel darauf, ob es neue Leitungen gibt, ob das Dach frisch gedeckt wurde, aus welchem Jahr die Fenster oder die Heizung stammen“, führt Meister aus. „Wer im ganzen Haus elektrische Leitungen verlegen muss, kann schnell mehr als 10.000 Euro investieren. Ganz klar, dass sich das im Kaufpreis niederschlagen muss.“
Schwarz auf weiß: der Marktwert
Der Markt- oder Verkehrswert eines Hauses oder einer Wohnung ist der Preis, der sich aktuell realistisch erzielen ließe. Er ist demnach auch Angebot und Nachfrage ausgesetzt. „Derzeit finden Käufer in den meisten Regionen Deutschlands einen Nachfragemarkt vor. Das heißt, es gibt weniger Immobilien als gebraucht werden. Das liegt unter anderem an den niedrigen Zinsen. Damit geht einher, dass Baudarlehen günstig und Anlagealternativen zu Immobilien rar und unattraktiv sind. Insofern beobachten wir seit mehreren Jahren, dass die Preise – gerade in Metropolregionen – immer weiter steigen. Trotzdem rate ich meinen Kunden, nichts zu überstürzen. Wichtig ist zunächst, die richtige Immobilie zum richtigen Preis zu finden“, fährt Oliver Meister fort.
Auf Nummer sicher: Schätzung durch Gutachter
Wer am Wert der Immobilie zweifelt, sollte einen Gutachter zu Rate ziehen. Dies gilt insbesondere für Objekte, die älter als 30 Jahre sind. Er geht gemeinsam mit dem Interessenten durchs Haus oder die Wohnung und prüft auf Mängel und die Substanz. Wichtig: Interessenten müssen dem Verkäufer mitteilen, wenn sie einen Gutachter zur Besichtigung mitbringen. Zudem stellt auch der vom Gutachter ermittelte Wert immer nur eine Schätzung dar. Entsprechend kann das Ergebnis von Gutachter zu Gutachter schwanken.
Gute Kenntnis der Region hilft bei der Preisschätzung
Finanzierungsberater kennen die Region und die dort üblichen Preise sehr gut. Im Gespräch mit dem Immobilieninteressenten kann der Spezialist für Baufinanzierung eine grobe Schätzung vornehmen, ob der aufgerufene Preis angemessen und realistisch ist. Je mehr Informationen dafür zur Verfügung stehen, umso besser. „Ich rate meinen Kunden deshalb immer, mindestens das Exposé mitzubringen. Zusätzliche Unterlagen wie Grundbuchauszug, Wohnflächenberechnung und Flurkarte sind dabei sehr hilfreich“, sagt Oliver Meister. „Zudem stehen uns mehrere Instrumente zur Verfügung, um den Preis noch genauer zu bestimmen.“
Beleihungswert – der Wert, der sich auf die Baufinanzierung auswirkt
Richtig wichtig wird der Wert einer Immobilie, wenn es um die Finanzierung geht. Denn Banken interessieren sich für den realistischen Wert der Immobilie. Daher werden Immobilienkäufer, die einen Kredit benötigen, mit dem Begriff Beleihungswert konfrontiert. Die Bank ermittelt damit den Preis, der sich für die Immobilie über einen langen Zeitraum erzielen lässt. Denn die Immobilie dient der finanzierenden Bank gleichzeitig als Sicherheit, wenn der Kreditnehmer die Rate nicht mehr bezahlen kann. Vom aktuellen Wert des Hauses oder der Wohnung wird ein Risikoabschlag abgezogen. Meistens beträgt der Beleihungswert deshalb zwischen 70 und 90 Prozent des Verkehrswertes. Die Banken berechnen den Beleihungswert auf verschiedenen Wegen. Entweder durch das Sach-, Vergleichs- oder das Ertragswertverfahren.
Exkurs: Verfahren zur Wertermittlung: Sach-, Vergleichs- und Ertragswert
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Wert einer Immobilie zu ermitteln. Bei privat genutzten Objekten wird oft das sogenannte Sachwertverfahren eingesetzt. Der Sachwert berücksichtigt die Herstellungs- bzw. Wiederbeschaffungskosten einer Immobilie. Er besteht aus drei Komponenten: dem Bodenrichtwert als Grundlage für die Berechnung des Grundstückwertes, den Bau- bzw. Herstellungskosten für das Haus selbst sowie für die Außenanlagen wie Carport, Garten und Co. Den Vergleichswert erhält, wer Objekte in unmittelbarer Nachbarschaft und mit vergleichbarer Ausstattung sucht und den Preis davon in Erfahrung bringt. Dieses Verfahren ist oft recht ungenau. Häusern oder Wohnungen, die vermietet oder verpachtet werden, liegt ein anderes Verfahren zur Wertermittlung zugrunde, der sogenannte Ertragswert. Dieser legt den Bodenwert und die zu erwartenden Mieteinnahmen zugrunde.
Auf die richtige Mischung kommt es an: Kreditsumme und Eigenmittel
Der Beleihungswert entscheidet zu einem großen Teil, bis zu welcher Darlehenssumme die Immobilie maximal finanziert werden kann. In diesem Zusammenhang kommt das Verhältnis zwischen Darlehenssumme und Beleihungswert ins Spiel: der sogenannte Beleihungsauslauf. Das ist der Teil am Objektwert, der fremdfinanziert wird. Je höher dieser Wert ist, desto risikoreicher ist die Finanzierung. Im Durchschnitt beträgt er in Deutschland gut 82 Prozent (Stand: August 2018; Quelle: Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung).
Ein Rechenbeispiel für den Beleihungsauslauf:
Kreditsumme 240.000 Euro / Beleihungswert 300.000 Euro = 0,8.
Daraus ergibt sich ein Beleihungsauslauf von 80 Prozent.
„Generell lässt sich festhalten: Je mehr Eigenkapital eingebracht wird, desto sicherer ist die Finanzierung und desto günstiger der Zins“, sagt Oliver Meister. „Zum Eigenkapital zählen Rücklagen auf Tagesgeld- und Festgeldkonten, Bausparverträge, Lebensversicherungen oder schuldenfreie Grundstücke und Immobilien. Aber auch bestimmte KfW-Kredite werden als Eigenmittel angerechnet“, weiß Oliver Meister.
Quelle: Dr. Klein Privatkunden AG
Meine Frau und ich wollen den aktuellen Wert unseres Hauses ermitteln und fragen uns, was bei so einer Immobilienbewertung alles beachtet werden muss. Mir war gar nicht bewusst, dass neben vielen weiteren Eigenschaften der Immobilie, die Lage eine ganz zentrale Rolle spielt, da es einer der wertstabilsten Faktoren ist. Bisher haben wir das nämlich noch außer Acht gelassen und werden es mal noch in die Bewertung mit einfließen lassen.