Die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken leidet
München. Nach drei Jahren De-facto-Bindung des Schweizer Franken an die Europäische Gemeinschaftswährung hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in einer Nacht- und Nebel-Aktion angekündigt, die Verteidigung der Kursuntergrenze bei 1,20 Franken pro Euro aufzugeben. In einer ersten Reaktion wertete der Franken über 30 % auf und pendelte sich dann bei ca. 15 % Kursgewinn gegenüber dem Euro ein. Die Finanzwelt wurde dabei in einen Schockzustand versetzt. Das Finanzportal GodmodeTrader (www.godmode-trader.de) reagiert mit Sondersendungen und Livetickern.
Äußerungen Jordans irritieren
SNB-Chef Thomas Jordan wurde auch in jüngster Vergangenheit nicht müde zu betonen, dass die Zentralbank die Untergrenze mit allen Mittel verteidigen würde. Umso irritierender sind die heutigen Äußerungen Jordans, die erkennen lassen, dass es sich eben nicht um eine Übernacht-Entscheidung handelte. Jordan hat also entweder die Öffentlichkeit bewusst getäuscht oder grob fahrlässig gehandelt. Ob der eine oder andere verärgerte Großanleger dies zum Anlass für die Ergreifung juristischer Mittel nehmen wird, muss sich noch zeigen. „Die Glaubwürdigkeit von Zentralbanken ist ihr höchstes Gut. Verlässlichkeit und Prognostizierbarkeit sind unabdingbar. Die SNB hat beides verspielt“, so Daniel Kühn, Chefredakteur des Finanzportals GodmodeTrader. „Thomas Jordan hat persönlich jede Glaubwürdigkeit eingebüßt. Er sollte sofort zurücktreten.“
Spekulationen über Gründe der SNB
„Inhaltlich kann man den Schweizern ihre Entscheidung kaum übel nehmen“, so Daniel Kühn weiter. „Die EZB hat den Euro schon vor Monaten zum Abschuss freigegeben und wird in Kürze ein Programm zur quantitativen Lockerung bekannt geben, in dessen Rahmen sie europäische Staatsanleihen aufkaufen wird. Tendenziell wird der Euro dadurch weiter geschwächt. Hätte die SNB ihre Bindung an den Euro aufrecht erhalten, wäre der Franken immer mehr zum rot-weiß lackierten Euro geworden. Natürlich hätte man von vornherein die Untergrenze gar nicht erst einziehen dürfen.“ Offizielle Erklärung für den Schritt ist dagegen, dass man die Flucht in den Franken stoppen wolle. Deswegen wurde auch der negative Einlagenzinssatz auf 0,75 % erhöht. Wer sein Geld in die Schweiz bringt, hat demnach nicht nur keine Rendite zu erwarten, sondern muss sogar Strafzinsen bezahlen, sofern die Geschäftsbanken den negativen Zins auf die Kunden abwälzen.
Dieser Tag ist als historisch einzustufen. Die Glaubwürdigkeit von Zentralbanken hat laut Expertenmeinung insgesamt gelitten. Der entstandene Schaden ist noch gar nicht absehbar.
Quelle: ots.