Berlin. Abgase durch Verbrennungsmotoren von Baumaschinen in geschlossenen Räumen, Hallen und tiefen Gräben führen immer wieder zu Vergiftungen bei Beschäftigten – in manchen Fällen sogar mit Todesfolge. Bei benzinbetriebenen Maschinen ist Kohlenmonoxid die Ursache. Bei dieselbetriebenen Maschinen atmen die Beschäftigten Dieselruß ein, der seit 2012 als krebserzeugend eingestuft ist. „Dabei sind die rechtlichen Regeln zum Arbeitsschutz eindeutig und Schutzmaßnahmen sollten unbedingt ergriffen werden“, darauf hat Dr. Reinhold Rühl, Bereichsleiter Gefahrstoffe der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) am 26. Februar 2015 in Frankfurt am Main hingewiesen.
Allein im Jahr 2013 wurden der BG BAU Fälle von 15 Personen bekannt, die bei der Arbeit schwere Vergiftungen durch Kohlenmonoxid (CO) aus benzinbetriebenen Maschinen erlitten haben. Vier Menschen sind an der Vergiftung gestorben. „Dabei werden in der berufsgenossenschaftlichen Statistik nicht einmal alle Fälle erfasst“, sagte Rühl. Häufig würden die Symptome ignoriert oder die Menschen besuchen den Hausarzt. Dieses, zumal Unfälle erst bei der Berufsgenossenschaft gemeldet werden müssen, wenn die Betreffenden mindestens drei Tage lang arbeitsunfähig sind.
In schweren Vergiftungsfällen durch das geruchslose CO mit benzinbetriebenen Maschinen, wie Steinsägen, Estrichglättern, Trennschleifern oder Motorflex, stellt sich bei der Arbeit in geschlossenen Räumen erst Übelkeit und Schwindel ein. „Dann müssen die Betroffenen sofort an die frische Luft gebracht, notärztlich betreut oder vom Betriebs- oder Notarzt an ein Krankenhaus überwiesen werden“, so Rühl. Höhere Konzentrationen als der vorgeschriebene Grenzwert von 35 Milligramm pro Kubikmeter Luft können zur Bewusstlosigkeit und sogar zum Tod führen. Und beim Einsatz zum Beispiel von benzinbetriebenen Glättmaschinen können die fünffachen Werte auftreten.
Über hundert Verdachtsfälle auf Lungenkrebs registrierte die BG BAU 2013 durch Einwirkung von PAK (Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe), wozu laut Statistik auch Abgase aus Dieselmotoren gezählt werden. Für diese Abgase, beispielsweise von Baggern, gibt es keine Alarmsignale, etwa durch Schwindelgefühle, aber sie wirken im Körper chronisch und über viele Jahre. Die lungengängigen Rußpartikel werden von der Internationalen Krebsagentur in Lyon (IARC) als krebserzeugend eingestuft. In solchen Fällen gilt kein Arbeitsplatzgrenzwert, vielmehr müssen die Unternehmen dafür sorgen, dass die Gefährdung der Beschäftigten nach dem Stand der Technik so weit wie möglich verringert wird. Die BG BAU hält indessen einen Anteil von höchstens 0,05 Milligramm pro Kubikmeter Luft für noch verträglich.
„In beiden Abgasgruppen wird die Gefahr allerdings unterschätzt“, betonte Rühl. Dabei liefern die Betriebsanleitungen der Hersteller schon erste Anhaltspunkte: Dort wird bei benzin- oder dieselbetriebenen Maschinen immer gefordert, dass diese nicht in Hallen und Räumen eingesetzt werden dürfen. Grundsätzlich sind die Unternehmen verpflichtet, vor Aufnahme der Arbeiten Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen. Dabei ist zu klären, welchen Abgasbelastungen die Beschäftigten voraussichtlich ausgesetzt und welche Maßnahmen erforderlich sind. So sind bei Bauarbeiten in Räumen, in Gräben oder unter Tage im Fall von Abgasen aus Dieselmotoren Dieselpartikelfilter einzusetzen. Die Rechtslage nach der Gefahrstoffverordnung sowie der Technischen Regel Gefahrstoffe „Abgase von Dieselmotoren“ (TRGS 554) ist eindeutig, dennoch gibt es auf den Baustellen häufig Probleme.
Einen Grund dafür, warum die Vorschriften oft nicht umgesetzt werden, sieht Rühl darin, dass in der Praxis nicht immer klar zwischen Vorgaben des Arbeits- und Umweltschutzes getrennt wird: „So gewährleistet die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte, ohne die eine Baumaschine nicht in Verkehr gebracht werden darf, keineswegs zwangsläufig einen ausreichenden Schutz der Beschäftigten.“ Als mögliche Schutzmaßnahmen könnten bei Benzinmotoren Katalysatoren oder abgasfreie Antriebe, wie Elektromotoren und bei Dieselmotoren Dieselpartikelfilter eingesetzt werden.
Darüber hinaus führt die BG BAU Abgasmessungen durch und ist seit drei Jahren im Gespräch mit Herstellern von Baumaschinen über die Möglichkeit, Antriebe herzustellen, die weniger schädliche Abgase produzieren. Inzwischen werden zum Beispiel zum Verdichten von Erdauffüllungen Akku-Stampfer, Stampfer mit emissionsarmen Benzinmotoren sowie gasbetriebene Stampfer angeboten. Wie erste Praxistests in Gräben zeigten, entstehen dabei deutlich weniger schädliche Abgase. „Eine Liste von empfehlenswerten Maschinen“, so Rühl, „werde die BG BAU noch zum Jahresbeginn 2015 veröffentlichen“.
Und um zusätzliche Impulse zu geben, bietet die BG BAU Arbeitsschutzprämien: Mitgliedsbetriebe erhalten einen Zuschuss von bis zu 250 Euro, wenn sie einen Katalysator für Estrich- und Betonglättmaschinen anschaffen und einbauen lassen. Für Vibrationsplatten und Stampfer mit emissionsarmen Benzinmotoren gibt es Zuschüsse bis 500 Euro.
Quelle: ots.