Hamburg – Seit 2011 sinken die Privatinsolvenzen in Deutschland. Trotz dieser positiven Entwicklung befinden sich aktuell 692.612 Bundesbürger im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens in der sogenannten Wohlverhaltensphase und warten auf eine Restschuldbefreiung und damit auf den Erlass ihrer Schulden.
Die betroffenen Personen müssen in der Wohlverhaltensperiode bestimmte Pflichten erfüllen, um am Ende von den verbliebenen Schulden befreit werden zu können. Dies geschieht in der Regel dadurch, dass vor allem die pfändbaren Beträge des Sach- und Geldvermögens an den Treuhänder geleistet werden. Zudem müssen die betroffenen Personen eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben oder sich um eine solche bemühen.
In Bremen (141 Privatpersonen je 10.000 Einwohner), Niedersachsen (112) und Hamburg (111) befinden sich relativ gesehen die meisten Personen in der Wohlverhaltensphase. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 85 Privatpersonen je 10.000 Einwohner bzw. bei 0,85 Prozent. Weit weniger Privatpersonen leben in Bayern und Baden-Württemberg (60 Privatpersonen je 10.000 Einwohner) in der Wohlverhaltensphase. Absolut gesehen stehen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (171.690), Niedersachsen (87.600) und Bayern (76.377) an der Spitze der Statistik.
Das Verhältnis von Männern zu Frauen ist ungleichmäßig ausgeprägt. 400.589 Männer warten derzeit im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens auf den Schuldenschnitt (292.023 Frauen).
Knapp 10 Prozent der Personen (68.872), die aktuell auf einen Schuldenerlass warten, sind zwischen 18 und 30 Jahren alt. 12,5 Prozent der Betroffenen (86.921) sind dagegen 61 Jahre oder älter. Die Ursachen für die Betroffenen in dieser Altersgruppe liegen im sinkenden Rentenniveau und steigender Besteuerung begründet. Der wachsende Niedriglohnsektor, aber auch Krankheiten und die damit verbundenen Kosten tragen dazu bei, dass immer mehr Menschen im Alter von Überschuldung und Privatinsolvenzen betroffen sind. Der Großteil der Bürger, die sich aktuell in der Wohlverhaltensphase befinden, sind zwischen 41 und 50 Jahre alt (198.965 Fälle bzw. 28,7 Prozent).
Die Wohlverhaltensphase betrug bis Mitte 2014 einheitlich sechs Jahre. Damit kann für die 2010 eröffneten Insolvenzverfahren frühestens im Jahr 2016 die Restschuldbefreiung erteilt werden. 2014 wurden durch die Insolvenzrechtsreform zwei mögliche Verkürzungen eingeführt. Eine Verkürzung um ein Jahr auf 5 Jahre erhalten Betroffene, die zumindest die Verfahrenskosten aufbringen können. Personen, die zudem eine Quote in Höhe von 35 Prozent der Forderungen innerhalb von 36 Monaten an die Gläubiger leisten, können nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erlangen.
Nicht alle Bürger kommen in den Genuss der Restschuldbefreiung, da diese unter Umständen versagt wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Schuldner während des Verfahrens Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt oder wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt wurde.
Zu den Gründen von Privatinsolvenzen gehören Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit, Einkommensarmut, gescheiterte Selbstständigkeit, ein zum Einkommen unpassendes Konsumverhalten, Veränderungen in der familiären Situation wie Scheidung beziehungsweise Trennung und Krankheit. Der überwiegende Teil der Privatpersonen hat vor allem bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften Schulden.
Quelle: ots