Krisenampel von quirin bank und FutureValue Group: EZB-Anleihekäufe und neuerliche Zuspitzung um Griechenland liefern Warnsignale, Euro-Verfall vorerst gestoppt
Berlin – Für das 2. Quartal 2015 zeigt das Update der makroökonomischen Krisenampel von quirin bank und FutureValue Group für die Euro-Zone bei 6 von insgesamt 12 volkswirtschaftlichen Krisentypen Warnsignale. Bei der Zusammensetzung der Krisentypen hat es gegenüber der Aktualisierung zum Jahresauftakt keine Änderungen gegeben. Mit Kursen um die 1,04 US-Dollar je Euro hatte sich die Gemeinschaftswährung allerdings zwischenzeitlich derartig stark von der kaufkraftparitätischen Bewertung entfernt, dass fast eine gelbe Schaltung der Ampel für den Krisentyp „Währungskrise“ hätte erfolgen müssen. Mit den jüngsten Kursanstiegen in Richtung 1,10 US-Dollar/Euro scheint diese Gefahr jedoch gebannt. Damit bleiben vor allem die Problemkomplexe der Staatsschuldenkrise, der Krise im Bankensystem sowie der politischen Krisen im Fokus des Frühwarnsystems. Daneben sind die tendenziellen Überbewertungen in Teilen der Anleihen-, Immobilien- und Aktienmärkte („Asset Price Bubble“) weiter vorhanden und haben sich sogar noch verstärkt. Die Situation im Bereich einer möglichen Deflationskrise hat sich mit zuletzt wieder positiven Inflationsraten demgegenüber entspannt. Für eine Entwarnung (und damit grüne Ampelschaltung) müssten jedoch die Inflationserwartungen noch deutlicher wieder in Richtung ihrer normalen Werte steigen.
Mit dem Beginn des bereits länger angekündigten Programms der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Zone hat sich das Niedrigzinsumfeld im gemeinsamen Währungsraum zuletzt weiter verstärkt. Dies wirkt sich nachteilig auf die teilweise zu verzeichnenden preislichen Übertreibungstendenzen in einigen Segmenten, insbesondere der Anleihe- aber inzwischen auch der Immobilien- und Aktienmärkte, aus. Die ohnehin teils schon stark gestiegenen Bewertungsansätze erhalten durch die Zentralbankmaßnahmen weiteren Auftrieb. Ausschlaggebend ist hier der „Anlagenotstand“, der aufgrund des niedrigen Renditeniveaus im Bereich festverzinslicher Wertpapiere Anlagegelder in andere Marktsegmente treibt, die daraufhin zwar deutliche Wertzuwächse verzeichnen, gleichzeitig aber auch anfälliger für plötzliche und merkliche Korrekturen werden. Die Ampelschaltung bleibt hier auf „gelb“.
Besonders rasant verlief die Entwicklung zuletzt beim Wechselkurs des Euro. Zwischenzeitlich wich der Kurs der Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar so stark von einem langfristig gleichgewichtigen (sog. kaufkraftparitätischen) Wechselkurs ab, dass fast die für eine noch „grüne“ Schaltung der zugehörigen Krisenampel nötige Bandbreite verlassen wurde. Die jüngste Kurserholung deutet allerdings darauf hin, dass die zur Monatsmitte März verzeichneten Kurse von um die 1,04 US-Dollar je Euro möglicherweise nur kurzfristige Übertreibungen darstellten. Zunächst verbleibt die entsprechende Ampelschaltung auf „grün“.
Im Bereich der Staatsschuldenkrise sorgt daneben wieder einmal die Zuspitzung rund um Griechenland und dessen Verbleib im gemeinsamen Währungsraum bzw. die Möglichkeit eines erneuten Schuldenschnitts für Aufregung. Zwar hat sich der Schuldenstand Griechenlands gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) durch die Einsparungsbemühungen, insbesondere aber durch die zurückliegenden Schuldenreduktionen in Form von „freiwilligem“ Schuldenschnitt, Laufzeitenerhöhung und Zinssenkung, deutlich reduziert. Die Belastung des griechischen Staatshaushalts bleibt aber dennoch untragbar hoch. Auch der Bankensektor sieht sich in den letzten Wochen immer wieder kurzfristigen Liquiditätsengpässen gegenüber. Allen Widrigkeiten zum Trotz scheint der politische Wille, Athen im Euro zu halten, aber ungebrochen zu sein. Von daher scheint – die Kooperation der neuen griechischen Regierung vorausgesetzt – ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone weiterhin kaum zu befürchten. Ohne einen weiteren Schuldenschnitt hingegen wird eine weitere Reduktion der Schuldenlast auf ein nachhaltig tragbares Maß hingegen kaum möglich sein. Die Ampelschaltung für den Bereich Staatsschuldenkrise bleibt – auch mit Blick auf die Schuldenstände in anderen Volkswirtschaften der Euro-Zone – weiterhin auf „gelb“.
Die von der quirin bank und FutureValue Group entwickelte Krisenampel ist ein Frühwarnsystem, um negative makroökonomische Auswirkungen auf die Kapitalanlage frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig vermögenssichernde Maßnahmen für Anleger zu ergreifen. Neu ist dabei die Nutzung der wirtschaftshistorischen Erkenntnis, dass die in den letzten Jahrhunderten zu beobachtenden schweren Krisen auf eine überschaubare Anzahl von „Standardkrisentypen“ zurückgeführt werden können. Diffuse Drohkulissen lassen sich so in klar abzugrenzende Einzelkrisen systematisieren. Um eine Einschätzung über das Drohpotenzial der einzelnen Krisen für die Gesamtwirtschaft zu erhalten und die Wechselwirkung der Krisentypen für die Anlageentscheidung handhabbar zu machen, wird jedem Krisentyp im jeweiligen Betrachtungszeitpunkt eine Ampelfarbe zugeordnet. Dabei signalisiert „rot“ eine akute Krise, wogegen „grün“ für eine aktuell ungefährlich krisenfreie Situation steht. „Gelb“ signalisiert eine mögliche drohende Krise und sollte in der Steuerung der Vermögensanlage als Signal für erhöhte Alarmbereitschaft und Vorbereitung auf eine bevorstehende Krise verstanden werden. Anlegern kann die Krisenampel dabei helfen, die Risiken besser zu erkennen und gemeinsam mit ihrem Honorarberater geeignete Strategien zur Bekämpfung möglicher Anlageverluste zu entwickeln. Die quirin bank veröffentlicht die Krisenampel vierteljährlich auf ihrer Website.
Quelle: (ots)