Hamburg – Die Zahlungsmoral der Unternehmen in Deutschland hat sich auf einem hohen Niveau weiter verbessert. Im September 2015 zahlten 14,9 Prozent der Firmen die Rechnungen verspätet oder gar nicht – dies entspricht dem besten Wert der letzten 12 Monate. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 85,1 Prozent der Firmen die Rechnungen vereinbarungsgemäß begleichen. „Das Zahlungsverhalten der Unternehmen ist gut.
Im September erreichte die Zahlungsmoral den besten Wert im Jahr 2015″, kommentiert Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin die aktuellen Zahlen. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Zahlungsmoral deutscher Unternehmen“ der Wirtschaftsauskunftei Bürgel und der EOS Deutschland B2B. Die Auswertung analysiert zum fünften Mal das Zahlungsverhalten von knapp 470.000 Unternehmen in Deutschland.
„Annährend so gut war die Zahlungsmoral nur im November 2013. Damals zahlten 15,2 Prozent der Firmen die Rechnungen nicht oder verspätet“, so EOS Deutschland B2B Geschäftsführer Stephan Spieckermann.
Grund für die verbesserte Zahlungsmoral ist die anhaltend gute Konjunktur in Deutschland. „Die Formel für ein gutes Zahlungsverhalten der Unternehmen ist eigentlich ganz einfach.
Die Firmen profitieren weiterhin von der guten Binnenkonjunktur, die vor allem durch den privaten Konsum und vorteilhafte Finanzierungsbedingungen gestützt wird. Die Kunden haben mehr Geld zur Verfügung und dies wirkt sich positiv auf die Unternehmen und deren Zahlungsmoral aus“, sagte Spieckermann.
Das Zahlungsverhalten der Unternehmen hängt sowohl von der Zahlungsfähigkeit als auch von der Zahlungsbereitschaft ab, die Rechnungen fristgerecht zu zahlen.
Die Fähigkeit hängt wiederum von der Liquidität der Firmen ab. Die Bereitschaft ist im Zusammenhang mit dem Willen der Unternehmen zur Zahlung zu sehen. Bei der Analyse der Zahlungsmoral ist es zunächst ohne Interesse, welcher der beiden Faktoren das Verhalten – sprich das Zahlen oder nicht Zahlen der Rechnungen – beeinflusst.
14,9 Prozent der Unternehmen zahlten im September die Rechnungen nicht oder verspätet. Dies entspricht dem besten Wert im Vergleich der letzten 12 Monate. Die schlechteste Zahlungsmoral wiesen die Firmen auf 12-Monatssicht im Oktober 2014 auf, als 17,6 Prozent der Unternehmen die Rechnungen nicht oder erst verspätet beglichen. Seit Juni 2015 hat sich die Zahlungsmoral der Firmen stetig verbessert.
Das durchschnittliche Zahlungsziel liegt in Deutschland bei 26 Tagen. Unternehmen mit zu spät beglichenen Rechnungen zahlen im Durchschnitt knapp 21 Tage zu spät. Bezogen auf die Praxis bedeutet das, dass Unternehmen bei einem Zahlungsziel von 26 Tagen bei Nicht- oder Spätzahlern im Durchschnitt 47 Tage auf ihr Geld warten müssen. „In diesen Fällen müssen Unternehmen drei Wochen länger auf ihr Geld warten als einkalkuliert. Damit werden sie unfreiwillig zur Bank ihrer Kunden“, sagt Dr. Norbert Sellin.
Laut Bürgel und EOS hat sich der Anteil der Firmen, die ihre Rechnungen nicht oder verspätet bezahlen im 12-monatigen Untersuchungszeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 in allen Bundesländern verringert. Bundesweit ging der Anteil um 18,2 Prozent zurück. Nur in Hamburg sank der Anteil der Spät- oder Nichtzahler nicht zweistellig, verringerte sich jedoch um 8,9 Prozent. Am deutlichsten verbessert hat sich die Zahlungsmoral bei Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Im Vergleich zum Oktober 2014 sank die Anzahl der Firmen mit nicht oder zu spät gezahlten Rechnungen um 23,1 Prozent.
Der prozentuale Anteil von Unternehmen, die ihre Rechnungen verspätet oder nicht bezahlen, variiert je nach Bundesland. Die höchste Nicht- bzw. Spätzahlerquote gab es im September 2015 im Saarland. Hier zahlten 19,2 Prozent der Firmen die Rechnungen verspätet oder gar nicht.
Ebenfalls hohe Werte lieferten Berlin (Spät- oder Nichtzahlerquote von 18,0 Prozent), Bremen (17,2 Prozent), Hamburg und Nordrhein-Westfalen (16,4 Prozent) und Niedersachsen (16,1 Prozent). Die beste Zahlungsmoral haben Unternehmen in Sachsen. Hier liegt die Spät- bzw. Nichtzahlerquote bei 11,3 Prozent. Auch in Thüringen (11,5 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein (je 13,2 Prozent), Sachsen-Anhalt (13,3 Prozent), Brandenburg (13,7 Prozent) und Bayern (13,8 Prozent) ist die Zahlungsmoral der Firmen besser als im Bundesdurchschnitt.
Wenn Unternehmen in Deutschland die Rechnungen zu spät bezahlen, dann zahlen sie im Durchschnitt 21,4 Tage zu spät. Den deutlichsten Zahlungsverzug haben Unternehmen in Berlin. In der Hauptstadt zahlen die Firmen im Schnitt mit 30,2 Tagen Verspätung. Mehr Überfälligkeitstage als im Bundesdurchschnitt leisten sich auch die Unternehmen in Brandenburg (24,6 Überfälligkeitstage), Bremen und Nordrhein-Westfalen (22,8) und Thüringen (21,9). Schneller kommen die Firmen in Schleswig-Holstein an ihr Geld. Unternehmen, die zu spät zahlen, tun dies im Schnitt 17,4 Tage zu spät. In Sachsen-Anhalt waren es 17,9 Tage, in Mecklenburg-Vorpommern 18,7 Tage, in Hessen 19,0 Tage und im Saarland 20,0 Tage.
Unternehmen, die Geschäfte mit Firmen aus der Wasserversorgung, Logistik oder dem Bergbau machen, müssen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass ihre Rechnungen zu spät oder gar nicht bezahlt werden. Diese drei Branchen haben die höchste Nicht- oder Spätzahlerquote im September 2015. Bei den Wasserver- und Entsorgern zahlen 24,4 Prozent der Unternehmen nicht fristgerecht. In der Logistikbranche sind es 22,3 Prozent, im Bergbau 22,2 Prozent. Geringe Zahlungsschwierigkeiten gibt es im öffentlichen Sektor (Spät- bzw. Nichtzahlerquote liegt bei sechs Prozent) und in der Land- und Forstwirtschaft (6,5 Prozent).
In Bezug auf die Rechtsformen zeigt sich im September 2015 erneut, dass Kapitalgesellschaften die schlechteste Zahlungsmoral aufweisen. Knapp ein Drittel (32,3 Prozent) aller AGs und 24,9 Prozent aller GmbHs zahlen regelmäßig zu spät. „Große Unternehmen nutzen ihre Macht am Markt aus, zeigen ein liquiditätsschonendes Verhalten und zahlen ihre Rechnungen bewusst verspätet. Es ist häufig keine Frage der Zahlungsfähigkeit, sondern rein eine Frage der Zahlungswilligkeit“, so Dr. Norbert Sellin.
Die Gründe für das nicht oder verspätete Bezahlen von Rechnungen sind vielfältig. Dazu gehören unter anderem momentane Liquiditätsengpässe, Zahlungsausfälle bei eigenen Kunden oder die drohende eigene Insolvenz sowie vorsätzliches Nichtbezahlen.
Quelle: ots